Esri Sommercamp 2012

Esri Sommercamp 2012

Zernez, 23. – 29. September 2012

Bericht von Teilnehmerin Viviane

Spätestens als man in Landquart auf die kleinere Rhätische Bahn in Richtung Zernez umstieg, war einfach an Koffer und Rucksack zu erkennen, wer am GIS- Camp teilnehmen würde. Im Zug selber wurden die letzten Zweifel an Ziel- und auch Herkunftsort ausgeräumt; die Solothurner, Schaffhauser und Zürcher waren leicht an ihren Dialekten zu identifizieren. Das Camp begann auch gleich mit einer kleineren Schatzsuche  nach dem Geocache Numero Uno. Gefunden wurde dieser oberhalb von Zernez in der Nische einer Steinmauer. Nach dem reichen z‘Morgebuffet  mit belebendem Kaffee machten wir uns montags mit dem Programm ArcGis 10 vertraut, um am Nachmittag Vorbereitungen für die Feldarbeit des nachfolgenden Tages, die in fünf Gruppen stattfinden würde und bei der auch die Wege im Nationalpark verlassen werden durften. Die für Mittwoch angesetzte Datenanalyse zu Rastplätzen, Baumarten, Tierspuren, Huf- und Murmeltieren fand vor dem abendlichen Wasserplausch im Familienbad Zernez Platz. Dieser Event wude jedoch von einem spannenden Vortrag über Eulen und Greifvögel übertroffen, weil das Thermalbad defekt war; die Sonderausstellung zu diesen faszinierenden Vögeln besuchten wir natürlich auch. Am Donnerstag  wanderten Leiter und Teilnehmer zur Auflockerung durch den Nationalpark zum Hotel Il Fuorn, wo der Tag mit einem typisch Bündnerischen Gericht, also Capuns oder Pizzoccheri, beschlossen wurde. Den krönenden Abschluss bildeten die Präsentationen der Karten am Ende der Woche. Nachdem man in Landquart noch mehrheitlich in den gleichen Zug stieg, fuhren die Solothurner und Schaffhauser ab Zürich weiter in Richtung Ferien und die Zürcher in eine weitere Projektwoche.

Bericht von Lehrer Raymond Treier am Beispiel eines Projektes

Bereits zum vierten Mal organisierte ESRI Schweiz ein Sommercamp im Schweizerischen Nationalpark. In diesem Jahr konnten 21 Schülerinnen und Schüler aus den Kantonen Schaffhausen, Zürich und Solothurn hautnah die Forschungsarbeit im Nationalpark miterleben, da sie in dieser Woche selbst ein Teil dieser Forschungsarbeit wurden. Ziel dieser Woche ist es, den Schülerinnen und Schülern die Forschungsarbeit näher zu bringen und ihre erzielten Resultate mit GIS zu visualisieren. Unter der kompetenten Leitung von Christian Sailer und Claudio Pajarola (beide ESRI Schweiz) entdeckten die Schülerinnen und Schüler wie ein Forschungsprojekt aufgebaut, Daten erfasst, Analysen gemacht und die Resultate präsentiert werden. Am Ende der Woche stand ein Präsentationstermin fest, welche alle Arbeiten dokumentieren sollten. Dabei entstand eine eindrückliche Poster Ausstellung. Folgende Themen wurden dabei behandelt:  Huftiere, Murmeltiere, Rastplätze, Baumanalyse und Tierspuren.
An Hand des konkreten Beispiels der Gruppe der Baumanalyse soll aufgezeigt werden, wie diese Forschungsarbeit ausgesehen hat.

Raymond Treier und Christian Sailer erkunden das Gelände für den Feldtag

Baumanalyse im Untersuchungsgebiet Alp Stabelchod

Finden einer Fragestellung

Claudio Pajarola lieferte im Vorfeld der Woche dem Gruppenleiter zahlreiche Informationen zum Untersuchungsgebiet. Die Alp Stabelchod wurde seit 1914 nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Aus diesem Grunde sollte man allgemein erwarten, dass sich in den knapp 100 Jahren der Wald wieder den Raum zurückerobern können sollte. Diese sogenannte Sukzession findet allerdings nur sehr langsam statt. Die „Gruppe Baumanalyse“ hat sich als Ziel gesetzt, zu beobachten, wie sich der Waldrand im Gebiete der Alp Stabelchod entwickelt. Die sehr aufwendige Arbeit musste schlussendlich auf ein relativ kleines Gebiet beschränkt werden, da die Gruppe nur aus 3 Schülerinnen und Schülern bestand. Die Vorbereitung der Feldarbeit konzentrierte sich auf die Fragestellung sowie die Aufbereitung der Datenstruktur im Juno-Handheld. Diese anspruchsvolle Arbeit machte sich am folgenden Tag dann in der Feldarbeit bezahlt, indem die Datenaufnahme sehr vereinfacht wurde.
Forschungsfrage:
Wie entwickelt sich der Waldrand auf der Alp Stabelchod im Verlaufe der Zeit?

Feldarbeit

Im Verlaufe der Feldarbeit wurden in einem kleinen Gebiet alle Pionierbäume erfasst, welche weniger als 2 m hoch waren. Bestimmt wurden die Art der Bäume, die Grösse, die Waldentfernung sowie der Verbiss. Anschliessend wurden mit Hilfe des Inklinometers einzelne grössere Bäume erfasst um eine Methode kennenzulernen wie die Grösse eines Baumes im freien Feld bestimmt werden kann. Parallel dazu wurde durch Ablaufen der Umrandung der Alp Stabelchod der Waldrand getrackt. Dies führte zu einer weiteren komplexen Frage, wie eigentlich der Waldrand definiert werden kann. Die Gruppe musste sich teilweise abseits der Wege begeben was eigentlich im Nationalparkgebiet nicht erlaubt ist. Aus diesem Grunde erhielten alle Gruppenmitglieder orange Vestons – um zu deklarieren, dass sie berechtigt sind, die Wege zu verlassen. Das hat auch zum interessanten Nebeneffekt geführt, dass die Gruppenmitglieder mehrmals von Wanderern bez. ihres Forschungsauftrages befragt worden sind.

Die Feldarbeit wurde sehr geschätzt, obwohl die aufwendige Aufnahme der Daten allen Beteiligten deutlich gemacht hat, dass Forschungsarbeit harte  „Knochenarbeit“ ist. Man konnte die wunderschöne Landschaft geniessen – das Wetter war uns gut gesinnt – und zudem hörte man ab und zu das „Röhren“ der Platzhirsche, welche in der Brunftzeit sehr aktiv sind – ein wahrhaftig eindrückliches Erlebnis. Obwohl es theoretisch viele Murmeltiere auf der Alp Stabelchod haben soll, konnten wir nur ein einziges beim Aufwärmen in der Sonne beobachten.

Wegweisende Erfahrungen haben wir gemacht mit den von uns selbst aufgestellten Untersuchungsparametern. Wir wollten eigentlich den Verbiss untersuchen, wussten aber schlicht nicht wie das konkret festgestellt werden konnte. Die Walrandentfernung war am zu Beginn relativ einfach – sahen aber, dass mit grösserer Entfernung nicht einmal das Messband genügend gross war um den wirklichen Abstand zu messen. Beim Vermessen der Höhe mit dem Inklinometer haben die Schüler relativ rasch erkannt, dass die theoretischen Voraussetzungen (z.B. ebenes Gelände als Gegenkathete) gar nicht gegeben waren.

Resultate der Datenaufnahme  

Ausschnitt der Kartierung der Pionierbäume

Die Daten wurden am Abend nach der Feldarbeit auf ArcGIS Online gestellt um so einen gegenseitigen Austausch der Ergebnisse zu ermöglichen.

Attributtabelle der Datei Bäume_CH1903

Die Daten mussten am Abend noch bereinigt werden, um gewisse Fehler zu korrigieren. Während der Feldarbeit hat sich auch gezeigt, dass gewisse Attribute gar nicht erhoben werden konnten (siehe oben). Die Konsequenz wäre, zu Beginn der Untersuchung einen Testlauf zu machen um besser einschätzen zu können, welche Attribute sinnvoll sind. All diese Erfahrungen sind jedoch sehr wertvoll für die zukünftige akademische Entwicklung der  Schülerinnen und Schüler.

Analyse der Resultate

Der Tag der Analyse beginnt mit der Sichtung der Daten. Wie können nun die erhobenen Daten analysiert werden. Welche Interpretationsmöglichkeiten  liefern die erhobenen Daten? Weil es in der Forschungsfrage um einen historischen Bezug geht, haben wir die Daten auf dem Luftbild vom Jahre 2000 mit einem Infrarotbild des Jahres 1988 verglichen.

Die Erkenntnis daraus war, dass die Sukzession nur sehr langsam vor sich geht. Einzelne Gebiete zeigen zwar eine fortschreitende Entwicklung der Pionierbäume – dennoch könnte man einen schnelleren Prozess erwarten? Sind die Huftiere Schuld an dieser Entwicklung? Werden die kleinen Pionierbäume von den Hirschkolonien an ihrem Wachstum behindert? Eine statistische Auswertung der Pionierbaumgrössen zeigt, dass das Histogramm zwischen 50 und 60 cm ihren Höhepunkt hat.

Welche Gründe könnten diesbezüglich verantwortlich gemacht werden, dass die kleineren Pionierbäume weniger stark vertreten sind. Werden sie von den Huftieren abgefressen? Waren die Ausgangsbedingungen der Pionierbäume früher besser? Sind gerade die Wuchshöhen von 50 – 60 cm im Winter geeignet, dass sie aus dem Schnee ragend abgefressen werden können und somit die grösseren Bäume von über 1 m statistisch untervertreten sind? Interessant wäre eine weitere Detailuntersuchung im Gebiet der Alp Stabelchod um herauszufinden ob das Histogramm ähnlich aussieht.

Eine offensichtliche Problematik wurde ebenfalls rasch wahrgenommen – wie kann der Waldrand definiert werden. Schon das Tracken des Waldrandes durch ein Ablaufen zeigt, dass es teilweise willkürlich ist wo man die Waldgrenze annimmt. Sinnvoller sind somit eher die Begriffe offener Wald – geschlossener Wald.

Datenvergleich: Manuel digitalisierter Waldrand (links) im Vergleich mit Juno-GPS erfasstem Waldreand (rechts)

Die Berechnung der Bäume mit dem Inklinometer hat gezeigt, dass eine Abschätzung der Höhe der Bäume im offenen Gelände möglich ist. Allerdings ist die Basistrecke keine Ebene und damit ein Unsicherheitsfaktor in der Berechnung. Zudem ist das Ablesen im Inklinometer sehr gewöhnungsbedürftig und dürfte einige Erfahrungen voraussetzen.

Beispiel einer Berechnung mittels Inklinometer

Kon-Grad Ablesung 40° -> 40° – 10%   -> 36°

Entfernung zum Baum 5.6 m.

(tan (36°)* Ankathete) + 1.64 m (Augenhöhe des Messenden)

(0.72 * 5.6) + 1.64 m  = 7.55 m

 

Das scheint eine realistische Berechnung zu sein, denn das entspräche ungefähr dem 5-fachen der Grösse des messenden Schülers.

 

 

 

 

Layout und Präsentation

Der letzte Tag stand im Zeichen des Layoutens und der Präsentation. Viele Möglichkeiten der Darstellung stehen in ArcGIS  zur Verfügung. Dennoch hat sich herausgestellt, dass es nicht einfach ist, das Layout so auf ein A0-Format zu bringen, dass das Poster ausgewogen und dennoch aussagekräftig erscheint. Schriftgrösse, Ausrichtung der Frames sowie die formale Gestaltung des Textes können Stolpersteine darstellen. Ein Probeausdruck hat auch bei diesem Thema deutlich vor Augen geführt, dass eine professionelle Gestaltung viel Erfahrung benötigt. Dennoch standen am Abend anspruchsvolle Posters für die Präsentation vor einem fachkundigen Publikum zur Verfügung.

Probedruck

Finale Version

Trotz der relativ kurzen Zeit konnten interessante Aspekte des Nationalparks angesprochen werden. Mit Sicherheit hat die Arbeit die einen oder anderen Schülerinnen/Schüler überzeugt, dass Forschen eine spannende und beglückende Tätigkeit sein kann. Das Einsetzen von ArcGIS als Analyse- und Visualisierungstool hat sich bewährt – die Schülerinnen und Schüler profitierten im Verlaufe der Woche auch immer neuere und komplexere Tools einzusetzen.

 

Einladung zur Präsentation (Roadshow_SC_2012_Schweiz)

Impressionen von der Präsentation

 

Dank

Während der Woche standen uns neben Christian Sailer und Claudio Pajarola weitere kompetente Begleitpersonen zur Verfügung. Es sind dies: Christian Schmid, Martin Brüllhardt, Mirjam Müller und Lea Roth. Zudem hat uns der Forschungsleiter des Nationalparks, Ruedi Haller immer wieder interessante Inputs gegeben, dies vor allem anlässlich der eindrücklichen Wanderung von Punt la Drossa auf den Munt la Schera.  Für einen reibungslosen Verlauf  bez. der PC-Infrastruktur war Christoph Häberli verantwortlich. Herzlichen Dank allen Beteiligten – es war eine grossartige Woche. Nicht zuletzt soll auf den vorzüglichen Service des Hotels Baer&Post verwiesen werden. Wir sind kulinarisch wirklich verwöhnt worden. Besten Dank auch an dieser Stelle!

Martin, Lea, Mirjam, Claudio und Christian

Gruppenfoto

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.